„130.000 verschiedene Lesarten“
Der Leser wird sich erinnern, dass der Mormonenapostel Orson Pratt in einer Ansprache, die er 1859 gab, folgende Aussagen machte: “Die meisten altertümlichen Manuskripte des Neuen Testaments, die der Welt bekannt sind, unterscheiden sich voneinander in fast jedem Vers…
Die Gelehrten geben zu, dass es in den Manuskripten des Neuen Testaments allein nicht weniger als einhundertunddreißigtausend verschiedene Lesarten gibt… Niemand kann sagen, ob überhaupt ein Vers sowohl des Alten wie auch des Neuen Testaments die Gedanken des ursprünglichen Autors übermittelt.
Überlegen Sie mal, 130.000 VERSCHIEDENE LESARTEN allein im Neuen Testament!“ (Journal of Discourses, Bd. 7, S. 27-28)
Bei einer anderen Gelegenheit erklärte der Apostel Pratt: „Wer weiß, ob überhaupt ein Vers der gesamten Bibel der Verunreinigung entkommen ist?“ Der Mormonengelehrte Dr. Hugh Nibley hat erklärt: „...wenn wir die so genannten Originaltexte der Bibel vor uns haben, mit ihrem stattlichen Apparat an möglichen Korrekturen, Verbesserungen, Vorschlägen, Empfehlungen und was noch alles, erkennen wir als erstes, dass der heilige Text ein Irrgarten von Tausenden von Passagen ist.“ (The World and the Prophets, Salt Lake City, 1954, Seite 188) In einer Fußnote unten auf derselben Seite erklärt Dr. Nibley: „Es gibt mehr als 8.000 Manuskripte vom Neuen Testament, und nicht zwei von ihnen haben genau den gleichen Wortlaut!“
Während es wahr ist, dass es viele verschiedene Lesarten in handschriftlichen Kopien des Neuen Testamentes gibt, haben Mormonenschreiber die Bedeutung dieser Angelegenheit stark übertrieben. Gleason L. Archer Jun. erklärte:
„Aber was ist mit dem Text der Bibel, wie wir ihn jetzt besitzen? Ist dieser Text notwendigerweise frei von allen Fehlern jeder Art? Nicht wenn es sich um Abschreibfehler handelt; denn wir finden sicherlich Unstimmigkeiten bei handgeschriebenen Kopien, die uns erhalten geblieben sind, sogar solche, die aus den frühesten Jahrhunderten stammen. Einige Ausrutscher der Schreibfeder krochen ohne Zweifel in die ersten Kopien, die von den Originalmanuskripten angefertigt wurden, und zusätzliche Übertragungsfehler fanden ihren Weg in die Kopien von Kopien. Es ist fast unvermeidlich, dass dies vorgekommen ist. Kein Lebender kann sich hinsetzen und den Text eines ganzen Buches abschreiben, ohne einen Fehler jeglicher Art zu machen. (Diejenigen, die diese Aussage anzweifeln, sind eingeladen es selbst zu versuchen!) Es wäre geradezu ein Wunder nötig, um die Unfehlbarkeit einer Kopie des Originalmanuskripts zu garantieren.“ (A Survey of Old Testament Introduction, S. 18)
F. F. Bruce machte folgende interessante Bemerkungen: „Man kann leicht per Experiment beweisen, dass es schwierig ist, eine Passage von beträchtlicher Länge abzuschreiben, ohne mindestens ein oder zwei Flüchtigkeitsfehler zu machen. Wenn wir Dokumente wie die Schriften des Neuen Testaments kopiert haben wollen und sie Tausende mal wiederholt kopieren, ist der Spielraum für Kopierfehler so enorm angewachsen, dass es überraschend ist, dass es nicht mehr gibt als wir tatsächlich haben. Glücklicherweise, wenn die Anzahl der MS die Anzahl der Schreibfehler übersteigt, wachsen proportional die Möglichkeiten solche Fehler zu korrigieren, so dass die Spanne des Zweifels, die in dem Prozess der Bereinigung des genauen Originalwortlautes zurückbleibt, nicht so groß ist, wie man befürchten könnte; in Wahrheit ist sie bemerkenswert gering. (The New Testament Documents - Are They Reliable? S. 19) George Eldon Ladd macht folgende Bemerkungen:
„Einige dieser textlichen Abweichungen betreffen Dinge von theologischer Bedeutung; aber die Mehrheit von ihnen beeinträchtigen im Wesentlichen die Bedeutung der Bibel nicht, und große Mengen textlicher Fehler haben nur mit unbedeutenden Unterschieden zu tun.
Fehler beim kopieren des griechischen Textes entstanden, wenn der Kopierer den Text nicht richtig las, der vor ihm lag. Im 1. Timotheus 3:16 lautet die AV 'Gott tat sich im Fleisch kund', während die RSV lautet: 'Er tat sich im Fleisch kund.' Einige unkritische Leser könnten eine solche Änderung einer angeblichen 'minderwertigeren Theologie' der modernen Version zuschreiben; aber die Tatsachen sind einfach. Die früheren Manuskripte lauten OC ('er, der'), während dies bei vielen späteren Manuskripten ƟC (theos – 'Gott') lautet. Der Unterschied besteht nur in zwei kleinen Zeichen.“ (The New Testament and Criticism, S. 63-64)
Durch die weiter entwickelte Wissenschaft der textlichen Kritik haben wir einen relativ akkuraten Text des Neuen Testaments erhalten. Es bleiben aber zahlreiche Lesarten, wo das Gewicht der abweichenden Zeugen so ausgeglichen ist, dass es unmöglich ist, mit Sicherheit zu entscheiden, welche Lesart bevorzugt werden sollte.“ (Ebd., S. 71)
In seinem Buch The Text of the New Testament gibt Bruce M. Metzger folgende Information:
„Worte und Notizen, die auf dem Rand der älteren Kopie stehen, wurden gelegentlich in den Text des neuen Manuskripts eingearbeitet. Da der Rand für Bemerkungen benutzt wurde (das heißt, Synonyme für schwierige Wörter im Text) wie auch für Korrekturen, muss es für einen Schreiber oft verwirrend gewesen sein zu entscheiden, was mit einer Notiz auf dem Rand zu tun sei. Es war am leichtesten, seinen Zweifel zu beseitigen, indem er die Notiz in den Text, den er kopierte, einfügte. Somit ist es wahrscheinlich, dass das, was ursprünglich eine Randbemerkung war, die die Bewegung des Wassers im Teich von Bethesda (Joh. V. 7) erklärte, in den Text von Joh. v. 3b-4 (siehe die King-James-Version wegen der Hinzufügung) eingearbeitet wurde...
So merkwürdig es erscheinen mag, waren Schreiber, die nachdachten, gefährlicher als jene, die einfach nur beim Kopieren dessen, was vor ihnen lag, getreu sein wollten. Viele Änderungen, die man als absichtlich einordnen könnte, waren ohne Zweifel in gutem Glauben von den Abschreibern eingeführt worden, die glaubten, dass sie einen Fehler oder ein Ungeschick in der Sprache korrigierten, das sich vorher in den Text eingeschlichen hatte und berichtigt werden müsste...“ (The Text of the New Testament, S. 194-195)
„Was würde ein gewissenhafter Schreiber tun, wenn er entdeckt, dass dieselbe Passage in ein oder zwei weiteren Manuskripten, die vor ihm lagen, anders wiedergegeben wurde? Anstatt sich für eine von ihnen zu entscheiden und nur eine der beiden Varianten (mit der vorhandenen Wahrscheinlichkeit, die echte Lesart wegzulassen) zu kopieren, arbeiteten die meisten Schreiber lieber beide Lesarten in die neue Kopie, die sie übertrugen, ein.“ (Ebd. S. 200)
In Our Bible and the Ancient Manuscripts finden wir folgende Information:
„1. Fehler mit der Hand und mit dem Auge. Die Fehler von Schreibern sind vielfältig und von verschiedener Bedeutung. Manchmal bringt der Abschreiber Wörter mit ähnlich klingenden durcheinander, so wie wir im Englischen manchmal 'there' anstatt 'their' oder 'here' anstatt 'hear' schreiben. Oder er könnte ein Wort aus Versehen übergangen haben, und dies ist besonders wahrscheinlich, wenn dasselbe Wort wiederholt wird (man nennt es dann Haplographie) oder wenn zwei benachbarte Wörter mit denselben Buchstaben enden. Manchmal wirkt sich diese Fehlerursache (bekannt als homoioteleuton = 'ähnliche Endung') umfassender aus. Zwei aufeinander folgende Zeilen des MS, von dem er kopiert, enden mit denselben oder ähnlichen Wörtern und das Auge des Abschreibers gleitet von der ersten in die zweite und die Zeile dazwischen wird ausgelassen. Manchmal kann ein ganzer Vers oder eine längere Passage dank der Gleichheit der ersten oder letzten Wörter mit denen einer anschließenden Passage ausgelassen werden... manchmal ist das MS, das er kopiert, mit kurzen erklärenden Notizen ausgestattet oder es erläutert auf dem Rand und er sieht nicht, wo der Text endet und die Notiz beginnt, und kopiert somit die Notiz in den Text selbst... Die Verehrung, mit der die heiligen Bücher verwahrt wurden, hat sie im Allgemeinen vor absichtlichen Änderungen des Textes geschützt, aber nicht immer. Das in Einklang bringen der Evangeliumserzählungen, wie im letzten Kapitel beschrieben, ist sicher in einigen Fällen absichtlich gewesen; und dies ohne Zweifel ohne den geringsten Wunsch zu betrügen, sondern einfach mit der Idee, die eine Erzählung aus anderen parallelen Quellen zu ergänzen oder Widersprüche auszuglätten...
Ein Wort der Warnung, wie schon gesagt, muss zum Schluss betont werden. Keine fundamentale Lehre des christlichen Glaubens beruht auf einer strittigen Lesart. Ständige Verweise auf Fehler und Abweichungen in der Lesart, wie der Plan dieses Buches es notwendig macht, könnte den Zweifel aufkommen lassen, ob die Substanz, ebenso wie die Sprache der Bibel, nicht offen ist, in Frage gestellt zu werden. Man kann nicht zu stark behaupten, dass die Substanz des Textes der Bibel sicher ist. Besonders ist dies mit dem Text des Neuen Testaments der Fall. Die Anzahl der Manuskripte des Neuen Testaments von frühen Übersetzungen und Zitaten daraus bei den ältesten Schreibern der Kirche ist so groß, dass praktisch sicher ist, dass die wahre Lesart jeder zweifelhaften Passage in einem oder dem anderen dieser altertümlichen Autoritäten bewahrt worden ist. Dies kann man von keinem anderen antiken Buch sagen... die Manuskripte des Neuen Testaments gehen in die Hunderte und sogar Tausende. Im Falle des Alten Testaments befinden wir uns nicht in einer ganz so guten Position, wie hier gezeigt werden wird. In einigen Passagen scheint es sicher, dass die wahre Lesart von keiner antiken Autorität bewahrt worden ist, und wir werden zur Mutmaßung genötigt, um dem Mangel abzuhelfen.“ (Our Bible and the Ancient Manuscripts, S. 50, 51, 52 & 55)
In einer Fußnote auf Seite 55 desselben Buches finden wir folgende erleuchtende Bemerkung: „Dr. Hort, dessen Autorität in diesem Punkt ziemlich unstreitig ist, schätzt das Verhältnis der Wörter, über die es etwas Zweifel gibt [im Neuen Testament] auf etwa ein Achtel des Ganzen; aber bei weitem besteht der größere Anteil von ihnen nur aus Unterschieden in der Ordnung oder anderen unwichtigen Abweichungen, und 'die Masse dessen, was in jedem Sinne wesentliche Abweichung genannt werden kann… kann kaum ein Tausendstel des ganzen Textes ausmachen.'“ (Introduction to The New Testament in the Original Greek, S. 2)
Mormonenführer behaupten, dass die Katholiken sich verschworen, die Bibel zu verändern. Im Buch Mormon lesen wir:
„…siehst du die Gründung einer großen und abscheulichen Kirche, der abscheulichsten aller Kirchen; denn siehe, sie haben viele Teile vom Evangelium des Lammes, die klar und höchst kostbar sind, und auch viele Bündnisse des Herrn WEGGENOMMEN.
Und dies alles haben sie getan, um die rechten Wege des Herrn zu verkehren, damit sie die Augen der Menschenkinder verblenden und ihre Herzen verhärten können.
Du siehst also, dass in dem Buch, welches das Buch des Lammes Gottes ist, viele klare und kostbare Dinge FEHLEN, nachdem es durch die Hände der Großen und Abscheulichen Kirche gegangen ist.
…wegen der vielen klaren und kostbaren Dinge, die aus dem Buch entfernt worden sind, die dem Verstand der Menschenkinder deutlich waren... wegen dieser Dinge, die aus dem Evangelium des Lammes herausgenommen wurden, stolpern überaus viele, ja, so sehr, dass Satan große Macht über sie hat.“ (Buch Mormon, 1. Nephi 13:26-29)
Joseph Fielding Smith Jun., Sohn des zehnten Präsidenten der Kirche, machte folgende Aussagen:
“Gelehrte leugnen nicht, dass der Originaltext der Bibel verdorben worden ist. WAHRHEITEN SIND MIT DEM VERSUCH ENTFERNT WORDEN, FALSCHE TRADITIONEN ZU BEWAHREN. Falsche Übersetzungen und Auslassungen von Phrasen und Versen haben zu Verwirrung geführt.“ (Religious Truths Defined, S. 337)
„Die frühen ‘ABGEFALLENEN VÄTER’, DACHTEN NICHT, DASS ES FALSCH WÄRE, SICH AN INSPIRIERTER SCHRIFT ZU SCHAFFEN ZU MACHEN. Wenn irgendeine Schriftstelle ihre Sichtweise zu gefährden schien, wurde sie GEÄNDERT, VERPFLANZT ODER VOLLSTÄNDIG aus dem biblischen Text ENTFERNT. All dies wurde getan, damit sie ihre Tradition bewahren konnten. Solch eine Verstümmelung wurde als gerechtfertigt angesehen, um die so genannte 'Reinheit' ihrer Lehren zu bewahren.“ (Ebd, S. 175)
Der Mormonenapostel Mark E. Peterson machte folgende Aussagen in Bezug auf die Bibel:
„Viele Einfügungen wurden vorgenommen, einige wurden aus selbstsüchtigen Gründen 'in Schieflage gebracht', während manchmal vorsätzliche FÄLSCHUNGEN UND ERFINDUNGEN VORGENOMMEN WURDEN.“ (As Translated Correctly, Salt Lake City, S. 4)
“Es ist also erwiesen, dass viele der ‘klaren und kostbaren’ Dinge aus der Bibel entfernt wurden, indem man versäumte, alle authentischen Bücher für die Aufnahme auszuwählen, und durch VORSÄTZLICHE ÄNDERUNGEN, LÖSCHUNGEN und FÄLSCHUNGEN…“ (Ebd., S. 14)
Joseph Smith selbst erklärte: „Ich glaube an die Bibel, wie sie lautete, als sie aus der Feder der ursprünglichen Schreiber kam. Unwissende Übersetzer, sorglose Abschreiber oder PLANENDE UND VERDERBTE PRIESTER HABEN VIELE FEHLER BEGANGEN.“ (History of the Church, Bd. 6, S. 57) Am 1. Dezember 1844 enthielt die Mormonenpublikation Times and Seasons folgende Aussage: Elder R. Richey folgte ihm und zeigte den Zustand unserer Bibel, nachdem sie durch die Hände der Mutter der Huren gegangen war.“ (Times and Seasons, Bd. 5, S. 726)
Während es wahr ist, dass es verschiedene Lesarten in den ursprünglichen handgeschriebenen Manuskripten gibt, ist die Anklage des Buches Mormon, dass die Katholiken sich vorsätzlich verschworen, „viele klare und kostbare Dinge“ aus der Bibel zu entfernen, durch die Schriftrollen vom Toten Meer und andere wichtige Manuskripte, die entdeckt worden sind, als falsch bewiesen worden. Anthony A. Hoekema macht folgende Bemerkungen:
„Die Mormonenbehauptung, dass 'nachdem das Buch [die Bibel] durch die Hände der Großen und Abscheulichen Kirche gegangen ist… viele klare und kostbare Dinge (in dem Buch) fehlen …' (1. Nephi 13:28), widerspricht vollkommen den Tatsachen. Die vielen Kopien des Manuskriptes des Alten Testaments, die wir jetzt besitzen, weichen in geringen Punkten – die Buchstabierung von Wörtern, die Weglassung von Phrasen hier und dort – ab, aber es gibt keinen Beweis, dass irgendein Abschnitt der alttestamentarischen Bücher verloren gegangen ist. Die Manuskripte, die unter den Schriftrollen des Toten Meeres gefunden wurden, lassen sich im Allgemeinen von 200 bis 50 v. Chr. datieren, einschließlich der Teile jedes alttestamentarischen Buches mit Ausnahme von Ether; Studien haben offenbart, dass diese Dokumente – eintausend Jahre älter als die früher entdeckten alttestamentarischen Manuskripte – im Wesentlichen mit dem Text des Alten Testamentes identisch sind, der früher weitergereicht worden war. Was die Manuskripte des Neuen Testaments betrifft, von denen das älteste auf das zweite Jahrhundert n. Chr. zurückgeht, so ist die Situation im Wesentlichen dieselbe. Die Abweichungen, die in diesen Manuskripten gefunden werden… sind von relativ unbedeutender Natur. Es gibt keinen Hinweis, dass irgendwelche von den großen Abschnitten an Material, das in den Originalen gefunden wurde, verloren gegangen sind. Die meisten Manuskriptabweichungen betreffen die Buchstabierung, die Wortanordnung, Zeitform und ähnliches; keine einzige Lehre wird von ihnen in irgendeiner Weise verletzt.“ (The Four Major Cults, [Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing Co., 1963, Seite 30-31).
Das Buch Mormon erklärt deutlich, dass die Änderungen in der Bibel NACH der Zeit Christi und NACH der Bildung der Katholischen Kirche vorgenommen wurden:
„Das Buch, das du siehst, ist ein Bericht der Juden … das Buch aus dem Munde eines Juden hervorging; und als es aus dem Munde eines Juden hervorging, enthielt es das Evangelium des Herrn in Klarheit … gelangen diese Dinge in REINHEIT von den Juden zu den Nichtjuden … siehst du die Gründung einer großen und abscheulichen Kirche, der abscheulichsten aller Kirchen, denn siehe, sie haben viele Teile vom Evangelium des Lammes … weggenommen … um die rechten Wege des Herrn zu verkehren... in dem Buch... viele klare und kostbare Dinge fehlen, NACHDEM es durch die Hände der Großen und Abscheulichen Kirche gegangen ist.“ (Buch Mormon, 1. Nephi 13:23-28)
1832 sagte die Mormonenpublikation The Evening and the Morning Star, dass die Änderungen in der Bibel irgendwann zwischen 460 und 1400 n. Chr. vorgenommen wurden: „...die klarsten Teile des Neuen Testaments sind aus ihm durch die Mutter der Huren entfernt worden, während es in jener gefangen war – etwa vom Jahr 460 bis 1400 n. Chr....“ (The Evening and the Morning Star, Bd. 1, Nr. 1, Juni 1832, S. 3)
Wie wir gezeigt haben, liefert die „große Jesaja-Schriftrolle“, gefunden bei Qumran, wichtiges Beweismaterial, das zeigt, dass die Katholiken NICHT „viele und kostbare Dinge“ aus der Bibel entfernten. Diese Schriftrolle wird auf ungefähr 100 v. Chr. datiert und konnte deshalb nicht von den Katholiken angerührt worden sein. Man sollte sich auch erinnern, dass diese Schriftrolle eine jüdische Produktion ist und das Buch Mormon behauptet, dass die Juden die Schriften in ihrer „Reinheit“ besaßen. Warum unterstützt dann diese Schriftrolle nicht den Text Jesajas, wie man ihn im Buch Mormon oder in Joseph Smiths inspirierter Revision der Bibel findet?
Die Katholische Kirche existierte mit Sicherheit nicht vor der Zeit Christi und selbst Präsident Joseph Fielding Smith hat erklärt, dass die Katholiken nicht vor dem Beginn des vierten Jahrhunderts zur „führenden Macht in Religion“ wurden: „Die Kirche, die vom Erlöser gegründet wurde, wurde von der Erde genommen... Die große kirchliche Organisation, die entstand und behauptete, die Kirche Christi zu sein, wuchs allmählich. Der Wechsel von Wahrheit zu Irrtum geschah nicht an einem Tag... Zu Beginn des VIERTEN Jahrhunderts wurde diese große religiöse Macht unter dem Kaiser Konstantin die Staatsreligion des Römischen Reiches. Von dieser Zeit an weitete sich ihre Herrschaft aus und ehe viele Jahre vergangen waren, wurde sie zur herrschenden Macht in Religion in der so genannten zivilisierten Welt. Durch sie wurden 'Zeiten und Gesetze' geändert.“ (Essentials in Church History, S. 9-10)
1887 machte Rev. M. T. Lamb folgende Bemerkung: Sind eine große Menge der besten Dinge im Neuen Testament von einer großen und abscheulichen Kirche seit den Tagen der Apostel herausgenommen worden, wie das Buch Mormon es uns erzählt?...
Solch eine Piraterie von Heiliger Schrift könnte nicht später als vor 350 n. Chr. geschehen sein, weil es jetzt Kopien der Bibel gibt, die zwischen fünfzehn- und sechzehnhundert Jahre alt sind, Kopien, die nicht vor 350 Jahren nach Christus von Hand niedergeschrieben worden sind – 250 Jahre nach dem Tod des Apostel Johannes (The Golden Bible, S. 329).
Zu der Zeit als M. T. Lamb die obige Aussage schrieb, klaffte immer noch eine wesentliche Zeitlücke zwischen den Originalmanuskripten und den frühesten Kopien, die den Gelehrten bekannt war. Folglich hätten die Mormonen diese Manuskripte aus dem vierten Jahrhundert nicht als Beweis gegen Joseph Smiths Werke akzeptiert. Aber seit der Jahrhundertwende hat sich die Situation vollkommen geändert, denn es sind Papyrusfragmente gefunden worden, die tatsächlich die Lücke schließen und beweisen, dass die Schriften nicht durch eine „große und abscheuliche Kirche“ neu geschrieben worden sind.“
Floyd V. Filson erklärte: “Über siebzig Papyrusmanuskripte von neuestamentarischen Schriften sind gefunden worden...
Diese frühen Manuskripte, obwohl bruchstückhaft, tragen wirklich zu unserem Wissen etwas bei. Sie zeigen dass in den frühen Jahrhunderten das Evangelium des Johannes in Ägypten (wo die meisten Papyri gefunden werden) weithin bekannt war und dass der Text der Evangelien, den man früher von Manuskripten aus dem vierten Jahrhundert und später kannte, im Wesentlichen mit dem Text übereinstimmt, den wir in diesen Fragmenten aus dem dritten und zweiten Jahrhundert finden (die Fragmente aus dem zweiten Jahrhundert sind zugegebenermaßen selten und klein).“ (The Biblical Archaeologist, Februar 1961, S. 3)
Sir Fredric Kenyon, der der Direktor des British Museum war, machte folgende Aussage: „Der Zwischenraum zwischen den Daten der ursprünglichen Zusammenstellung und dem frühesten vorhandenen Nachweis wird so klein, dass man ihn tatsächlich vernachlässigen kann, und die letzte Grundlage für jeden Zweifel, dass die Schriften im Wesentlichen so zu uns gekommen sind, wie sie geschrieben wurden, ist jetzt ausgeräumt worden. Sowohl die Echtheit als auch die allgemeine Vollständigkeit der Bücher des Neuen Testamentes kann man schließlich als gesichert betrachten.“ (The Bible and Archaeology, 1940, S. 288, wie in The New Testament Documents - Are They Reliable? S. 20, zitiert)
In Our Bible and the Ancient Manuscripts finden wir folgendes: „Die Entdeckungen der griechischen Papyri in Ägypten haben die Lücke zwischen den frühesten vorhandenen Manuskripten des Neuen Testaments und der Septuaginta und dem Datum, wann die Originalbücher geschrieben wurden, materiell reduziert. Sie haben mit einem Reichtum an Beweismaterial, an das kein anderes Werk der antiken Literatur heran reichen kann, die substanzielle Echtheit und Vollständigkeit des Textes der Bibel, wie wir sie jetzt besitzen, bestätigt.“ (Our Bible and the Ancient Manuscripts, S. 318-319)
September 1957 druckte The Biblical Archaeologist eine Ablichtung von der ersten Seite des „Johannesevangeliums auf dem Bodmer-II-Papyrus“ ab. Obwohl diese Ablichtung klein ist, ist das meiste Geschriebene ziemlich lesbar. Dieser Papyrus wir auf 200 n. Chr. datiert. Wir haben das Gefühl, dass dieser Papyrus einen exzellenten Test für Joseph Smiths Behauptung darstellt, dass die Katholiken die Bibel änderten, und deshalb fügen wir auf der nächsten Seite eine Ablichtung bei. Unter die Ablichtung haben wir die Schriftzeichen – die in „griechischer Unciales-Schrift“ geschrieben sind – vom Papyrus abkopiert und mit der Hilfe von Berry's Interlinear Literal Translation of the Greek New Testament haben wir die Wörter aufgeteilt und haben unter jedes Wort die englische Übersetzung gesetzt. Das Fragment ist auf der rechten Seite beschädigt, so dass wir einige Wörter in eckigen Klammern wieder herstellen mussten. Wir haben die Zeilen numeriert, um sich leichter darauf beziehen zu können, und haben versucht, sie an genau derselben Stelle wie auf dem Originalpapyrus enden zu lassen. Die Anordnung der Wörter weicht in einer buchstäblichen Übersetzung des Griechischen von dem ab, wie wir es im Englischen gewöhnt sind. Deshalb haben wir den Wörtern eine Nummerierung zugeordnet, damit der Leser die Anordnung sehen wird, in der sie zum richtigen Verständnis gelesen werden sollten.
Der Leser wird bemerken, dass die Übersetzung des Bodmer-II-Papyrus, geschrieben um 200 n. Chr., im Wesentlichen genauso wie die King-James-Version und die Revidierte Standardversion lautet. Während wir nur mit der ersten Seite dieses Papyrus gearbeitet haben, machte Floyd V. Filson folgende Bemerkungen in Bezug auf das gesamte Manuskript: „In einer Hinsicht mag das Manuskript diejenigen enttäuschen, die von seinem frühen Datum und dem ungewöhnlich guten Erhaltungszustand hören. Solche Leute mögen hoffen, etwas Sensationelles in Bezug auf den Wortlaut des Textes zu erfahren, etwas, das spätere Manuskripte unglaubwürdig erscheinen und neue Gedanken im Johannesevangelium finden lassen würde. In diesen Tagen, wann Anzeigenblätter es für notwendig halten, dass die Serien von Autos, Zigarren oder Zahnpasten in diesem Jahr allesamt neu sind, mag es für viele Ohren langweilig klingen, dass P66 [Papyrus Bodmer II] die Akkuratheit des griechischen Textes hinter der Revidierten Standardversion von Johannes bestätigt.
Dies bedeutet nicht, dass wir aus dem Manuskript nichts lernen können. Es lehrt vieles über Handschriften und die Anfertigung eines Manuskripts um 200 n. Chr.... Und es lehrt eine Menge über den griechischen Text von Johannes um 200 n. Chr.. Zwei Beispiele: Das Manuskript lässt 5:3b, 4 und 7:53 – 8:11 aus.“ (The Biblical Archaeologist, September 1957, S. 59-60)
Wegen kürzlicher Entdeckungen von Papyrusmanuskripten sehen sich Mormonenschreiber einem ernsten Dilemma gegenüber. Es ist fast unmöglich, Joseph Smiths Lehre, dass die Katholiken sich verschworen, die Bibel zu ändern, im Licht dieser Entdeckungen aufrecht zu erhalten. Dr. Richard L. Anderson von der Brigham-Young-Universität ist ohne Zweifel einer der Topautoritäten in der Mormonenkirche in Bibelmanuskripten. In einem Papier, das auf dem "Fourteenth Annual Symposium on the Archaeology of the Scriptures” verlesen wurde, schien Dr. Anderson seine Leute vor der Vorstellung zu warnen, dass das Neue Testament drastisch geändert worden sei:
„Beim Studieren eines bestimmten Schriftstellers der Antike arbeitet der klassische Gelehrte mit wenigen hauptsächlichen Manuskripten zusammen mit einigen weiteren umfassenderen Fragmenten oder Teilen von Manuskripten. Der Neue-Testament-Gelehrte aber sieht sich der wunderbaren aber unmöglichen Aussicht gegenüber, einen Versuch zu unternehmen, einen Text in ungefähr 3.000 Manuskripten zu erfassen… Nicht nur die Menge ist höchst beeindruckend, sondern das Alter seiner Manuskripte sollte jede Studie des Altertums neidisch machen…
Dieser Prozess des Aufdeckens der meisten Papyrusmanuskripte des Neuen Testaments hat zum größten Teil nicht nur in unserem Jahrhundert sondern auch in unserer Generation stattgefunden… Fast das ganze Neue Testament wird in den Papyrusfragmenten repräsentiert. Die einzigen zwei Ausnahmen sind zur Zeit der 1. und 2. Timotheus. Die wahre Errungenschaft ist also, dass das Alter des Textes nun um ein weiteres Jahrhundert zurück verschoben wird. Von fast acht katalogisierten Papyrusmanuskripten und -fragmenten werden ungefähr fünfundzwanzig in das dritte Jahrhundert datiert... Dies bedeutet, dass die Lücke, die jetzt die Zeit des Schreibens des Neuen Testamentes von den ältesten erhaltenen Manuskripten trennt, jetzt im Allgemeinen nicht größer als 200 Jahre ist, und wie wir bald im Fall der Briefe des Paulus und zweier Evangelien sehen werden, hat sich diese Lücke um mindestens weitere fünfzig Jahre verringert. Um die Größe des Fundes zu unterstreichen, wollen wir betonen, dass ein Teil jedes Buches des Neuen Testamentes sich bis ins dritte Jahrhundert zurückdatieren lässt, mit der gegenwärtigen Ausnahme von Philemon, 1. Timotheus, 2. Timotheus, 1., 2. und 3. Johannes.
Der erste neutestamentarische Papyrus liefert ein eindrucksvolles Beispiel über die Funktion der Entdeckung, die Echtheit der neutestamentarischen Schriften zu bestätigen... Das Fragment selbst enthält ungefähr dreißig Prozent der Worte von Johannes 18:31-33 auf der Vorderseite und denselben Prozentsatz an Worten von Johannes 18:37-38 auf der Rückseite… das Rylands-Fragment… zeigt, dass das Johannesevangelium in Ägypten vor der Mitte des zweiten Jahrhunderts geschrieben und verbreitet worden war… eine Kopie des Johannesevangeliums, die nicht sehr viele Jahre nach der Niederschrift des Evangeliums angefertigt wurde, ist eine dramatische Bestätigung des wesentlichen Anspruchs der Christenheit, wie er in Bruchstücken aber in deutlicher Form in der Frage des Pilatus erzählt wird: 'Bist du ein König?' – und in Jesu Bestätigung: 'Zu diesem Zweck wurde ich geboren und aus diesem Grund kam ich in die Welt, dass ich Zeugnis von der Wahrheit ablege. Jeder, der von der Wahrheit ist, hört meine Stimme.' … das Beeindruckendste an den Beatty-Papyri sind die ausgedehnten Teile von dem, was ursprünglich eine Sammlung der Briefe des Paulus war und denen die Nummer P46 gegeben wurde… Was ihr Alter betrifft, so wird P46 von führenden Papyrologen für nicht älter als 200 n. Chr. gehalten. Dies bedeutet, dass die älteste Sammlung der Briefe des Paulus jetzt auf höchstens 150 Jahre nach Paulus datiert wird. Mit einer solch frühen Sammlung erhebt sich die Frage, wie der Text sich vom traditionellen Text unterscheidet. Es gibt Unterschiede in zahlreichen Einzelheiten, aber die herausragende Schlussfolgerung ist, dass es wenige, wenn überhaupt, bedeutende Änderungen gibt…
Erst innerhalb des letzten Jahrzehnts sind die in vielerlei Hinsicht bedeutendsten Papyrientdeckungen für das Studium des Neuen Testaments hervor gekommen. Unter einer Serie von erworbenen antiken Papyri hat die Bodmer-Bibliothek in Genf eine Kopie aus dem dritten Jahrhundert von 1. Petrus, 2. Petrus und Judas und zwei Kopien aus dem zweiten Jahrhundert vom Evangelium des Johannes und eine von Lukas veröffentlicht...
Unter den Bodmer-Papyri sind die Kopien des Evangeliums die größten Schätze, die sich auf das Ende des zweiten Jahrhunderts zurückdatieren lassen. Die Originalveröffentlichung eines Manuskriptes mit der Nummer P66 fand 1956 statt. Es ist praktisch eine vollständige Kopie des Johannesevangeliums, die der Herausgeber auf etwa 200 n. Chr. datiert. … der beeindruckendste Beitrag des neuen Manuskriptes von Lukas und Johannes sind nicht die wenigen Unterschiede, sondern der Umfang ihrer Übereinstimmung mit dem Leben und den Lehren Christi, wie in anderen Manuskripten erhalten.
Man kann sich leicht in Diskussionen über Details verlieren und die überwältigende Übereinstimmung aller Manuskripte mit dem historischen Bericht des Neuen Testaments übersehen… Für ein Buch, das fortschreitende Enthüllungen über die Geschichte seiner Manuskripte erdulden muss und mit so wenig Strittigem in seinem Text hervor kommt, ist es eine große Anerkennung für seine wesentliche Echtheit. Die Geschichte der Manuskript-Untersuchung zurück verfolgend findet der Studierende heraus, dass zwei große Tatsachen herausragen. Erstens hat keine neue Manuskriptentdeckung ernsthafte Differenzen im Kern der Geschichte erzeugt. Dieser Überblick hat die führenden textlichen Widersprüche aufgedeckt und zusammen würden sie ein Prozent des Textes ausmachen. Anders ausgedrückt: alle Manuskripte stimmen in der wesentlichen Korrektheit von 99% der Verse des Neuen Testaments überein… Es gibt also mehr Gründe heute, ihm [Sir Frederic Kenyon] zuzustimmen, dass wir das Neue Testament 'in wesentlicher Unversehrtheit' besitzen und um dies zu unterstreichen: 'die Abweichungen des Textes sind gänzlich Kleinigkeiten und nicht wesentlich'.
Es ist wahr, dass die Heiligen der Letzten Tage, die Position eingenommen haben, dass die gegenwärtige Bibel von der ursprünglichen Form stark abgeändert wurde. Aber die größten Änderungen würden logischerweise IN ÄLTEREN SCHRIFTEN ERSCHEINEN ALS DAS NEUE TESTAMENT. Die textliche Geschichte des Neuen Testaments gibt jeden Anlass, eine ziemlich stabile Weitergabe der Dokumente zu vermuten, die wir besitzen…
Joseph Smith sagte. 'Viele wichtige Punkte, die die Erlösung des Menschen berühren, sind aus der Bibel genommen worden oder verloren gegangen, bevor sie zusammengestellt wurde’. (Documentary History of the Church, I, 245, 1832.) Die größten Verluste könnten EHER durch Aussonderung ganzer Bücher auftreten ALS DURCH ÄNDERUNGEN DERJENIGEN, DIE ALS KANONISCH ANERKANNT WURDEN. Auch müssen anschließende Änderungen AUF OFFENE ÄNDERUNGEN DER SCHRIFTEN BASIEREN. Die Mächte des Bösen sind wirkungsvoller, wenn sie die Bedeutung der wahren Begriffe und Konzepte ändern, als wenn sie sie entfernen.“ (Fourteenth Annual Symposium of the Archaeology of the Scriptures, Brigham-Young-Universität, 1963, S. 52-59)
Diese Aussagen werden wahrscheinlich den Mormonenschreibern, die behaupten, dass die Katholiken sich verschworen, die Bibel zu ändern, eine Überraschung bereiten, besonders weil sie aus der Feder eines ihrer berühmtesten Gelehrten stammen.
Bevor Mormonenschreiber die Christen anklagten, die Bibel geändert zu haben, sollten sie einen Blick auf einige ihrer eigenen Offenbarungen werfen, die in Lehre und Bündnisse veröffentlicht wurden. Eine sorgfältige Untersuchung dieser Offenbarungen zeigt, dass Tausende von Wörtern hinzugefügt, gelöscht oder geändert wurden (siehe S. 18-26 dieses Buches).
Wenn die Kirchen, die die Bibel durch diese vielen Jahrhunderte hindurch bewahrt haben, sie im selben Maße geändert hätten, wie Joseph Smith seine Offenbarungen änderte, wären wir glücklich, wenn wir nur etwas von dem hätten, was ursprünglich geschrieben wurde.
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